Fuga XII a 3 voci – analytische Betrachtung

(1)Auftakig, ein Achtel, von der Quinte – Fall auf den Grundton, wir ein Ball, der dreimal auf dem Boden aufschlägt. Wiederholt den Vorgang, jetzt von der Sexte, in zwei Sechzehnteln, über die Quarte, einen verminderten Septakkord bildend, das fehlende ‚g‘ in dem Sechzehntellauf, wird der Schwung in gleichmäßigen Sechzehnteln fortgesetzt. Nach dem etwas statisch wirkenden Beginn im Vordersatz, fließendes Bewegen in Schritten mit einer Wende in einem Terzsprung (2)

Abschluss auf der Terz (3), um zu starken Schluss (Grundton) zu vermeiden. Das Thema – in seiner Grundgestalt als „Dux“ (der Führende – Proposta) moduliert nicht, wechselt von der Tonika (T),f-Moll, zur Dominante (D), C-Dur mit Erweiterung zum Sept-Nonen-Akkord, um zur Tonika im vierten Takt und Themenabschluss zurückzukehren.

(4)Einsatz des „Comes“ (der Folgende), während die Dux-Stimme als Kontrapunkt den Bewegungsimpuls fortsetzt und den Comes begleitet. Der Comes erscheint in tonaler Beantwortung des Dux: der Quintsprung (5-1) des Anfangsmotiv wir mit dem Quartsprung abwärts (1-5) beantwortet. (Im Gegensatz zur realen Beantwortung, Sekunde zur Unterquint, die bei modulierendem Dux möglich wäre.) Der Comes befestigt die Dominanttonart als neue Tonika und pendelt ebenso, bei wörtlicher Wiederholung des Themas (außer dem Anfangsintervall), zwischen dieser und der neuen Dominante, G-Dur.

Es ist ein wesentliches Prinzip des Fugenthemas und seiner Beantwortung, dass sich die Intervallstufen 5-1 in der Beantwortung zu 1-5 umkehren, analog 1-5 zu 5-1.

(5)Abschluss des Comes ebenso auf der Terz, beginnt hier die Überleitung oder Rückführung vom Grundton ‚c‘ (c-Moll) zur Haupttonart der Fuge und dieser „1. Durchführung“ um den Einsatz der dritten Stimme, wieder mit dem Dux, vorzubereiten. (6)

Das Ende der dritten Erscheinung des Themas – der Kontrapunkt (7)ist jetzt zweistimmig, hoquetusartig, wird um einen eingefügten Takt in der Dominante (8) erweitert um darauf in den Zwischensatz überzugehen, wobei die Bewegungsimpulse von der dritten zur ersten Stimme hin und her wechseln – gleichsam wie zugeworfene Bälle. (9)Typisch für den, thematisch entspannt dahinfließenden Zwischenatz. ist die Folge der Quintfälle (f-b-Es-As-Des)

Die Abschlusskadenz (10) beendet den Zwischensatz in Es-Dur, als „Doppelpunkt“ (Dominante) vor der mit dem Dux in As-Dur (11) und der damit beginnenden 2. Durchführung.

Die Mittelstimme pausiert (Klangökonomie) bis zum zu erwartendem Einsatz als Comes in Es-Dur (12). Beide, Dux und Comes pendeln auch hier zwischen Tonika (ein Takt), Dominante (zwei Takte). Der Dux kehrt zur Tonika (ein Takt) zurück, während der Comes überraschend in das terzverwandte G-Dur mündet(13), quasi trugschlüssig, als hineingeworfene Dominante zum folgenden c-Moll. Der Zwischensatz beginnt um den ausgelassenen dritten Themeneinsatz (wieder als Dux) zu früh. Die formale Abfolge der Fuge wird drastisch beschleunigt.(14) Auch hier die entspannende, weil vorauszuahnende Folge von Quintfällen.

Die Abschlusskadenz (15)bestätigt das c-Moll und schafft Erwartung für die folgende 3.Durchführung in f-Moll.

Diese beginnt mit dem Dux in der dritten Stimme, der Kontrapunkt, zweistimmig, greift den Bewegungsimpuls auf, immer im Wechselprinzip, Ruhe in der einen Stimme, während die andere schnelle Bewegungen vollführt – auch in Korrespondenz zum Dux (17)

Überraschend erscheint der Comes an der zu erwartenden Stelle (18)nicht. Der Dux setzt fortspinnend seine Sechzehntelbewegung in großem Bogen fort. Über die Subdominantparallel, die als kräftiger, leuchtender Klang erscheint (19), wird die Dominante ‚c‘ eingeführt und fest etabliert – sie bleibt orgelpunktartig (20)erhalten, während über ihr die Harmonien wechseln. Der an quasi regulärer Stelle erfolgende „dritte“ Themeneinsatz (das Auslassen des Comes wird ignoriert) als Dux (21)wird neben den Akkordbrechungen im Kontrapunkt der ersten Stimme (22), von den „Paukenschlägen“ (aus dem Motivkopf des Fugenthemas – ohne Auftaktachtel) der dritten Stimme (20)begleitet. Dieser Basston lässt das Thema im Quartsextakkord der Tonika beginnen, also recht „unbefestigt“. Die beiden folgenden Dominanttakte führen auch nicht wieder zur Tonika zurück – als emotionaler Kulminationspunkt treffen wir auf einen „gewaltigen“ Trugschluss im Des-Dur (23), dessen harmonische Kraft in einergewaltige Kaskade, vom höchsten Ton des Stücks (c’’’) (24)in der ersten Stimme beginnend, ihren Bewegungsimpuls bis in die Bassregion hinab stürmt. (25)

Atemlose Hoquetus-Figuren im Kontrapunkt der beiden Oberstimmen (26), während im Bass eine sich akkordisch (F-Dur Sept-Non-akk.) aufbauende Folge des sich wiederholenden Motivkopfes das gehaltene ‚b‘ als starken Zielton aufbaut (27), der aber eine Metarmorphose als Septime des C-Dur-D7-Akkords (28)erfährt und von der zweiten Stimme aufgegriffen, „erinnert“ wird (29).

Diese so komplexe und „abenteuerlich“ verlaufende 3. Durchführung, die in ihrer Länge alle anderen Abschnitte der Fuge weit übertrifft, die das formale Korsett sprengt, sich stellenweise in motivischer Arbeit fortsetzt, sich fast weiterentwickelt, bedarf offenbar hier eines lang gedehnten Klangraums in der Dominante (30) Noch einmal ein akkordischer Aufbau, des im C-Dur-Sept-Nonen-Akkord errichtenden Folge der Sequenz des Kopfmotivs des Fugenthemas.

Das ‚f‘ als Zielton und Grundtonart der Fuge wird postuliert (31), der Zwischensatz zum Abschluss und überleitung in die 4. Durchführung beginnt in gewohnter motivischer Abwechslungsfolge (32)und Quintfall (f-b-Es-As-Des).

B-Moll scheint eine Zieltonart zu sein, zumindest setzt n der ersten Stimme der Dux ein (33) und täuscht den Beginn der 4. Durchführung vor. Der Sextakkord infolge des Terztons ‚des’im Bass lässt an dem Eindruck des Eintritts eines neuen Hauptabschnitts zweifeln. Und richtig: in der gewohnten Themen- bzw. Phrasenlänge erfolgt ein nächster Dux-Einsatz in der zweiten Stimme (34)um einen Takt verfrüht. Der Dux in f-Moll erweist sich in der Folge als klarer Neubeginn, obwohl – in der melodischen Gestalt f—C-C-f, in seiner Ur-Form, erscheint der erste Takt nicht in f-Moll, sondern durch den Kontrapunkt in b-Moll. Der eigentliche Grundton tritt plötzlich als Quintton auc (35). Dieser ist auch der letztmalig auftretende Dux, es schließt sich unmittelbar der Schlußsatz an. Sequenzartig in weit kadenzierendem achttaktigem Bogen, das Motiv der Tonrepetition aus dem Fugenthema wiederholend, mündet des Stück nach einem wahren Parqourt in der Oktave, resp. Einklang ‚f‘.

 


Beitrag veröffentlicht

in

von

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert